Willkommen im Gemeindehaus der Zukunft

Überall entstehen neue Mehrzweck-Kulturhäuser – für die Experten ein Trend, der anhalten wird. Dabei stellen die Mehrzweckhäuser hohe Anforderungen an Architekten und Bauingenieure.

Ein Mehrzweck-Kulturhaus zu planen ist eine komplexe Aufgabe, denn es soll Platz für Unterricht und Sport, aber auch für kulturelle Angebote und soziale Aktivitäten bieten.

Gemeinsames Essen, Bingospiel, Sport und private Feiern. In den letzten Jahren ist eine ganze Reihe von neuen Mehrzweck-Kulturhäusern eröffnet worden, die sich in Stadt und Land zu zukunftsweisenden Treffpunkten für die Bürger entwickeln. 

„Ein Mehrzweck-Kulturhaus ist eine moderne Versammlungsstätte, in der sich Vereine, Wirtschaft und Bürger zu Handballspielen, Strickclubs, Vorträgen und allen nur denkbaren kulturellen Aktivitäten treffen. Ein Teil dieser Häuser beherbergt auch kommunale Angebote wie Bibliothek oder Bürgeramt“, sagt Peter Ørting, Vorsitzender des Verbands der Kulturhäuser in Dänemark, zu dem rund 100 Mehrzweck-Kulturhäuser gehören.

„Mehrzweck-Kulturhäuser entstehen entweder in bereits vorhandenen Gebäuden, zum Beispiel in ausgedienten Schulen, die dann umgebaut werden, oder in Form von Neubauten mit eigenem Konzept“, erklärt Ørting.

 

Wunsch nach Flexibilität

Helle Nørgaard, Senior Researcher am Staatlichen Bauforschungsinstitut in Dänemark, hat eine Untersuchung durchgeführt, die sich mit der gesellschaftlichen Bedeutung von Mehrzweck-Kulturhäusern in Dänemark befasst.

„Mehrzweck-Kulturhäuser werden als informelle Treffpunkte genutzt. Im Gegensatz zur Mitgliedschaft im Sportverein beispielsweise zahlen die Nutzer keine festen Beiträge und müssen nicht jeden Montag erscheinen. Sie können stattdessen kommen, wann immer sie Zeit und Lust auf die aktuellen Angebote haben“, berichtet Helle Nørgaard.

„Auch deshalb sind die Kulturhäuser in den Großstädten so erfolgreich. Dort gibt es zwar reichlich Sportmöglichkeiten und Kultureinrichtungen, doch die Mehrzweck-Kulturhäuser kommen mit einem viel flexibleren Angebot, einer Art erweitertem Wohnzimmer, das für Kinder, Jugendliche und Familien sehr gut passt“, erklärt Nørgaard.

 

Multifunktionale Einrichtung

Weil Mehrzweck-Kulturhäuser als Plattformen für eine besonders breite Palette an Aktivitäten dienen, sind die Anforderungen an die Ausstattung hoch. Der wichtigste Faktor ist, dass die vorhandenen Einrichtungen multifunktional sein müssen.

„Ein Mehrzweck-Kulturhaus herzustellen, ist eine komplexe Aufgabe, denn die Einrichtung muss so ausgelegt sein, dass vom Salsa-Unterricht in der Kleingruppe bis zum Konzert alles möglich ist“, weiß Peter Ørting. „Die Räume sollten also von der Größe her skalierbar sein, je nachdem, wie viele Menschen sich dort gerade versammeln, und sie müssen sich in kürzester Zeit von einer Nutzung zur nächsten verwandeln lassen.“

 

Engagement der Bürger vor Ort

Der Bau oder Umbau von Mehrzweck-Kulturhäusern in Dänemark erfolgt meist mit Drittmitteln, von öffentlichen Geldern und Stiftungen bis hin zu privaten Spendenaktionen. Es gibt jedoch auch private Eigentümer, wie es beispielsweise beim Volkshaus Absalon in Kopenhagen der Fall ist. Ungeachtet der Finanzierung spielt jedoch das Engagement der Bürger vor Ort eine zentrale Rolle für den Erfolg eines Hauses. 

„Die wichtigste Triebkraft hinter einem Mehrzweck-Kulturhaus ist immer eine größere Gruppe von Bürgern, die sich an der Entwicklung und am Betrieb des Hauses beteiligen und neue Initiativen in Gang setzen“, hat Helle Nørgaard herausgefunden. „Die Grundlage für die Entwicklung der Kulturhäuser sind grundsätzlich die Interessen der Bürger vor Ort.“

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Peter Ørting, Vorsitzender des Verbands der Kulturhäuser in Dänemark.

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Helle Nørgaard, Senior Researcher am Staatlichen Bauforschungsinstitut an der Universität Aalborg.