MIPIM Awards: Medizinische Einrichtungen im Wandel

Mit den international renommierten MIPIM Awards werden seit einigen Jahren auch herausragende Gesundheitsbauten prämiert. Der Preis ist eine Anerkennung der Rolle, die die Architektur für die Behandlung und Heilung von Krankheiten spielt.

Erfahren Sie mehr darüber in diesem Interview mit MIPIM-Jurymitglied Sergei Kusnezow, dem Chefarchitekten von Moskau.

Obwohl schon ein paar Jahre vergangen sind, seit das dänische Psychiatrische Krankenhaus GAPS 2017 mit einem MIPIM Award in der Kategorie „Best Healthcare Development“ ausgezeichnet wurde, erinnert sich Jurymitglied Sergei Kusnezow noch sehr gut daran.

„Es hat ein tolles Design aus umweltfreundlichen Materialien. Holz ist generell ein wundervolles Material. Und das Projekt nutzt das umliegende Gelände, um den Heilungsprozess zu unterstützen – nicht nur durch den Klinikaufenthalt, sondern auch durch den Kontakt zur Umgebung. Es gibt viele Innenhöfe und Sportplätze. Ich glaube, das ist die Medizin der Zukunft, die den Menschen viel stärker in eine positive Stimmung versetzt, als eine Behandlung in Innenräumen dies vermag“, sagt Kusnezow.

Im Hauptberuf trägt er seit 2012 als Chefarchitekt von Moskau die Verantwortung für die Stadtplanung in der russischen Hauptstadt.

Architektur als Helfer bei der Heilung

Im Jahr 2020 wurde das Biomedicum-Projekt im schwedischen Stockholm mit einem MIPIM Award in der Kategorie „Best Healthcare Development“ ausgezeichnet. Bei der Bewertung der Einreichungen in dieser Kategorie suchen Sergei Kusnezow und seine MIPIM-Jurykollegen nach dem „Heilungspotential“ der Bauten:

„Ich bin überzeugt, dass die Möglichkeiten zur Heilung eines Menschen im Grunde im menschlichen Körper selbst liegen. Deshalb unterstütze ich die Art und Weise, wie moderne medizinische Einrichtungen die Menschen dazu ermutigen, ihre Heilung eigenständig voranzutreiben – mithilfe von Design und Innenausstattung, Integration in die Umwelt und die Ermöglichung von maximalem psychologischem Wohlbefinden. Patienten in solchen durchdacht gestalteten Einrichtungen vergessen, dass sie krank sind und behandelt werden“, so Kusnezow. „Das Design vermittelt ihnen das Gefühl, dass sie einen Teil ihres Lebens in einer bestimmten Umgebung verbringen, die sie zum Gesundwerden motiviert. Genau das sind die Merkmale und der Ansatz, nach denen wir bei der Preisverleihung Ausschau halten.“

Weg vom exzessiv „Medizinischen“

Die Auswahl an Projekten im Bereich der „heilenden Architektur“ im Gesundheitswesen wächst.

„In der zeitgenössischen Architektur beobachten wir zunehmend, wie die bauliche und visuelle Gestaltung von Gesundheitsbauten neu gedacht wird. Die Architekten wollen mit der Erwartung, dass eine medizinische Einrichtung ein bestimmtes Aussehen haben muss, Schluss machen, denn in der Vergangenheit hat schon der reine Anblick eines Krankenhauses den Patienten Schmerzen bereitet“, sagt Sergei Kusnezow. „Das ist ganz offensichtlich ein Problem für Einrichtungen, die Krankheiten heilen sollen, und deshalb begrüße ich den Trend zur Abkehr von solchen festgefahrenen Konzepten. Es geht darum, Patienten, Besucher und medizinisches Personal mit frischem Design zu erstaunen und den Eindruck des exzessiv Medizinischen hinter sich zu lassen.“

Während der Pandemie 2020 stand die Rolle der medizinischen Einrichtungen im Rampenlicht der Öffentlichkeit, doch Sergei Kusnezow rechnet nicht mit größeren dauerhaften Veränderungen im Krankenhausdesign als Folge von Covid-19.

„Wir sehen zahlreiche temporäre Lösungen. Wenn wir Moskau als Beispiel nehmen, wird deutlich, dass sich in solchen Situationen kurzfristig zahlreiche Immobilien in Betrieb nehmen lassen. Das schließt sowohl den Neubau medizinischer Einrichtungen als auch die Umwandlung von Handels-, Sport- und Messegebäuden in medizinische Behandlungszentren ein. Doch diese Umnutzungen sind nur vorübergehend und werden keinen Einfluss auf die allgemeinen Designtrends für Gesundheitsbauten haben“, so Sergei Kusnezow.

FAKTEN: Über Sergey Kuznetsov

  • Eines der jüngsten Führungsmitglieder der Moskauer Stadtverwaltung.
  • Mit 35 Jahren wurde er zum Chefarchitekten der russischen Hauptstadt ernannt.
  • Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses von Skolkowo und des Architekturausschusses von Moskau.
  • Kusnezow ist Kurator der Sektion „Creative Environment and Urban Studies“ beim Internationalen Kulturforum Sankt Petersburg.
  • Er vertrat Russland vier Mal auf der Architekturbiennale Venedig.
  • Von 2006 bis 2012 war er geschäftsführender Partner der Architektengemeinschaft SPEECH Tchoban & Kuznetsov in Moskau.
  • Als Chefarchitekt von Moskau führt er ein Team aus Planern, die zahlreiche Projekte umgesetzt haben, darunter die Anlage des Sarjadje-Parks mit Konzerthaus, die Sanierung des Olympiastadions Luschniki für den FIFA World Cup 2018 und die Sanierung des Turnpalasts „Irina Winer-Usmanowa“.
  • Weitere Infos auf Englisch unter https://skuznetsov.art/eng