Es ist wie eine Umarmung, wenn man zur Tür hereinkommt

In unmittelbarer Nähe zu den Krebsstationen der großen dänischen Krankenhäuser hat Dänemarks größter Patientenverband, die Krebshilfe Kræftens Bekæmpelse, sieben neue Beratungszentren errichtet. Gebaut wurden sie nach den Grundsätzen einer heilenden Architektur.

Laila Walther ist Abteilungsleiterin bei der Krebshilfe und berichtet über die positiven Unterschiede, die der neue architektonische Rahmen Patienten, Angehörigen und Ehrenamtlichen bietet.

Eine Krebserkrankung bedingt meist einen erhöhten Bedarf an Unterstützung und mitmenschlicher Fürsorge, sowohl bei den Kranken als auch bei deren Angehörigen. Dennoch verzeichnete man bei Kræftens Bekæmpelse über mehrere Jahre einen Rückgang der Hilfesuchenden in den Beratungsstellen, die sich in einer Reihe von dänischen Innenstädten befinden.

Daher beschloss die dänische Krebshilfe die Errichtung von sieben neuen Beratungszentren in räumlicher Nähe zu den Krebsstationen größerer Krankenhäuser im Land. Lebensräume heißt das Projekt, das mit Unterstützung der dänischen Realdania-Stiftung umgesetzt wurde, die sich unter anderem für die Verbesserung der Lebensqualität durch moderne Gebäude einsetzt.

Im Gegensatz zu den älteren Beratungsstellen sind die neuen Einrichtungen Teil eines ehrgeizigen Bauprogramms, das sich um besonders offene und warmherzige Räumlichkeiten bemüht.  

„Für uns war entscheidend, einen völlig neuen Rahmen an ganz neuen Standorten zu schaffen. Durch die Standorte in unmittelbarer Nähe der Kliniken kommen wir viel schneller in Kontakt mit den Patienten – in vielen Fällen schon an dem Tag, an dem sie ihre Diagnose erhalten“, berichtet Laila Walther, Abteilungsleiterin bei der dänischen Krebshilfe. „Während die alten Beratungsstellen größtenteils in älteren Bürogebäuden mit der dafür typischen Struktur untergebracht waren, gibt der neue bauliche Rahmen uns die Möglichkeit, die Inhalte unseres Beratungsangebots besser zu gestalten.“

Fallbeispiel: Lebensraum-Krebsberatungszentrum in Odense mit Troldtekt-Decken

 

Einladende Architektur

Einer der wichtigsten Unterschiede der neuen Beratungszentren zeigt sich schon bei der Ankunft. Der Eingang ist wie eine geschützte Zone gestaltet, die Besuchern einen Überblick über den Innenraum ermöglicht. So können sie entscheiden, ob sie sich willkommen fühlen. Für viele Patienten ist der erste Besuch bei der Krebsberatung mit der Erkenntnis verbunden, tatsächlich krank zu sein. Deshalb kann das Überschreiten der Türschwelle viel Überwindung erfordern.

„Eine unserer Patientinnen erzählte, dass sie an der Tür zu unserer alten Beratungsstelle mindestens 27 Mal vorbeigegangen war, bevor sie sich dazu bringen konnte, sie zu öffnen. Heute tritt man in eine warme, freundliche Umgebung ein, die Normalität ausstrahlt und eine ganz andere Atmosphäre als eine Klinik hat. Eine ältere Patientin beschrieb das so, als bekäme man eine Umarmung, wenn man den Raum betritt“, erzählt Laila Walther.  

 

Wartezeit in sicherem Rahmen

In den neuen Beratungsstellen gibt es keine festen Termine mehr. Anstatt sich an einem Schalter zu melden und einen Beratungstermin zu vereinbaren brauchen die Besucher heute nur noch einzutreten und zu warten, bis der erste freie Berater sich um sie kümmert. Bis dahin gilt es sich zu entscheiden, ob man die Wartezeit kontemplativ in einer abgeschirmten Nische verbringen oder sich lieber über einer Tasse Kaffee am Küchentisch mit anderen unterhalten möchte.

„Im Durchschnitt vergehen 19 Minuten, bis ein Beratungsplatz frei ist, und diese Zeit kann man auf ein Gespräch mit Gleichgesinnten oder einen stillen Spaziergang verwenden“, sagt Laila Walther. „Wir haben uns viel Mühe gegeben, die Natur in die Häuser zu holen – mit großen Fensterpartien und natürlichen Materialien. Bei uns gibt es auch Fitnessräume, und nach dem Training können die Teilnehmer Erfahrungen austauschen. So fördert die Architektur sogar das Networking.“  

  

Überraschend viel Leben

Die neuen Krebsberatungsstellen werden nicht nur von Patienten und Angehörigen genutzt. Auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Krebshilfe nutzen die Räume zum Erfahrungsaustausch, zu Arbeitstreffen und anderen Aktivitäten. Und das weitaus mehr als erwartet.

„Wir haben neue Dreh- und Angelpunkte für unsere Ehrenamtlichen geschaffen, weil die Häuser so gut funktionieren. Die neuen Beratungszentren werden von morgens bis abends genutzt. In den Häusern herrscht mehr Leben, als wir uns erträumt hatten“, sagt Laila Walther.  

FAKTEN: Projekt Lebensräume

Die neuen Krebsberatungsstellen des Projekts Lebensräume ergänzen das Beratungsangebot von Kræftens Bekæmpelse in ganz Dänemark. Zielgruppe sind Krebspatienten, deren Angehörige und ehrenamtliche Betreuer.

Die sieben Lebensräume befinden sich in diesen dänischen Städten:

  • Vejle
  • Næstved 
  • Herning
  • Roskilde
  • Odense 
    (Foto: Helene Høyer Mikkelsen)
  • Aalborg
  • Herlev