Architektur als Instrument sozialer Arbeit

Die Stiftung A. P. Møllerske Støttefond fördert gemeinnützige Zwecke, während die Stiftung Realdania mehr Lebensqualität durch Bauen schaffen will. Die beiden dänischen Organisationen haben zusammen mit dem Dänischen Architektenverband den ersten Schritt unternommen, um systematisch das Wissen darüber zu erfassen, wie Architektur soziale Arbeit fördern und unterstützen kann.

Eine Studie, die sich mit sechs Fallbeispielen aus Dänemark befasst, hat gezeigt, dass der richtige architektonische Rahmen Konfliktpotenziale senken, den Stolz und die Identifikation der Bürger stärken und mehr subjektive Sicherheit im Alltag schaffen kann.

Die meisten Architekten werden sich einig darüber sein, dass Architektur einen großen Einfluss auf die Lebensqualität, das Sicherheitsgefühl, das Wohlbefinden und die geistige Gesundheit der Menschen hat. Es gibt jedoch andere Berufsgruppen, wie etwa Sozialarbeiter, Psychiater oder Pädagogen, denen weniger bewusst ist, dass und wie die bauliche Umgebung ihre Arbeit unterstützen kann.

Das liegt unter anderem daran, dass kein systematisiertes Wissen darüber existiert, wie die verschiedenen Wirkmittel der Architektur zur sozialen Arbeit beitragen können und welchen Einfluss der architektonische Rahmen auf den Alltag der Menschen haben, die soziale Dienste in Anspruch nehmen. Diese Wissenslücke versuchen die Stiftungen A.P. Møllerske Støttefond und Realdania gemeinsam mit dem Dänischen Architektenverband zu schließen.    

„Wir vermuten, dass Architektur einen Mehrwert zur institutionellen Sozialarbeit beisteuern kann. Deshalb haben wir eine Analyse von sechs ausgewählten Fallbeispielen in Auftrag gegeben. Das Ziel der Studie ist es, die Prozesse besser zu verstehen und die möglichen Gewinne aufzuzeigen“, erklärt Mette Margrethe Elf, Projektmanagerin bei Realdania.

 

Bäckerei ermöglicht gleichberechtigte Kontakte

Die sechs untersuchten Fallbeispiele sind auf unterschiedliche Benutzergruppen ausgerichtet und umfassen ein Krisenzentrum für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, ein Wohnheim für schwer psychisch Kranke und ein Kinderheim. Für die Untersuchung der Projekte wurde ein einheitliches Analysemodell verwendet, mit dem unter anderem Aspekte wie Stimulierung der Sinne, Verhaltenssteuerung, Inklusion und Aktivierung untersucht wurden.

„Wir haben noch nicht genügend Belege, um endgültige Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Analyse ergibt jedoch wichtige Indikatoren dafür, was sich erreichen lässt“, erklärt Mette Margrethe Elf und gibt konkrete Beispiele:

„In dem Wohnheim Orion beispielsweise haben wir ein geringeres Konfliktniveau festgestellt, nachdem die Bewohner eigene Eingänge erhalten haben und dadurch seltener mit den anderen Bewohnern konfrontiert werden. Und bei den Bewohnern mit Entwicklungsstörungen in Hjortshøj eröffnen eine Bäckerei und ein Kaufladen neue Möglichkeiten, mit den Anwohnern des Viertels zu interagieren.“

 

Wirkungsanalyse mit eingeplant

Nach der Veröffentlichung der Studie arbeiten die Beteiligten jetzt daran, die Erfahrungen mit den betroffenen Berufsgruppen zu teilen. Dazu wurde unter anderem im Januar 2018 ein Mini-Seminar abgehalten, und die beiden Stiftungen integrieren die Ergebnisse in laufende Projekte.

„Architekten, beratende Ingenieure und öffentliche Stellen, die Bauprojekte vergeben, sollen über dieses Thema informiert sein und entsprechende Anforderungen in ihre Ausschreibungen aufnehmen. Auch wir sind bereit, unsere eigene Medizin zu schlucken und bei den Projekten zu berücksichtigen, die Realdania und die A. P. Møller-Stiftung mit anderen Partnern realisieren“, sagt Mette Margrethe Elf.

„Die Projekte sollen so ausgelegt werden, dass die späteren Nutzer und die soziale Arbeit davon profitieren. Dazu setzen wir konkrete Ziele und planen die Analyse des Wirkungsgrads von Anfang an mit ein.“ 

Die Stiftung A. P. Møllerske Støttefond hat derzeit Fördermittel in Höhe von 750 Mio. Kronen (100 Mio. Euro) für soziale Projekte vorgesehen. Ein Schwerpunktbereich sind Bauprojekte, die konkreten Zielgruppen zugute kommen und bei denen Erkenntnisse gewonnen werden, die einen breiteren Nutzen haben können.

FAKTEN: Über die Studie „Soziale Bausteine“ und die sechs Fallbeispiele

Der dänische Architektenverband und die Stiftungen A. P. Møllerske Støttefond und Realdania haben in der Studie „Soziale Bausteine“ das so genannte „Effekt-Prisma“ verwendet, um diese sechs Projekte aus Dänemark zu untersuchen:

  • Danner in Kopenhagen – Krisenzentrum für von Gewalt betroffene Frauen. Umbau.
  • Orion in Hillerød – Heim für schwer psychisch kranke Menschen. Umbau.
  • Wohngruppe 6 in Hjortshøj – Wohnheim für Erwachsene mit Entwicklungsstörungen. Neubau.
  • Wärmestube in Odense – Tagesstätte für sozial Benachteiligte. Neubau.
  • Psychiatrische Klinik in Esbjerg – Psychiatrisches Krankenhaus. Neubau und Umbau.
  • Villaen in Kerteminde – Kinderheim. Neubau. 

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