Wie sich Corona auf die Büroräume der Zukunft auswirken wird

Mit der Corona-Pandemie wurde auch das klassische Büro herausgefordert. Beispielsweise besteht laut einem dänischen Forscher ein großer Mangel an kleinen Räumlichkeiten für Online-Meetings. Aus diesem Grund sollte die Ausstattung der Büroräume in hohem Grad flexibel sein und aus Modulen bestehen, meint der in Berlin ansässige Senior Designer und Innenarchitekt Martin Binder.

Die Corona-Pandemie hat unser Leben auf den Kopf gestellt, und das gilt auch für unser Arbeitsleben. Während die meisten Wissensarbeiter zuvor an allen Wochentagen in Büroumgebungen gearbeitet haben, ist es mittlerweile normal geworden, mehrere wöchentliche Arbeitstage im Homeoffice zu verbringen. Und diese Tatsache stellt eine Herausforderung für das „klassische Büro“ dar, so Martin Binder, der selbständig an interdisziplinären Design- und Kunstprojekten arbeitet.

„Die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir flexibler arbeiten können. Mit anderen Worten: sie ist eine Gelegenheit, neue Lösungen zu finden. Man könnte es eine neue Choreografie der Art und Weise nennen, wie wir den Arbeitstag gestalten“, erklärt er.

Platz für mehr Online-Meetings

Eva Bjerrum, die am dänischen Alexandra-Institut neue Arbeitsformen erforscht, nickt zustimmend, wenn es um die Notwendigkeit neuer Lösungen für die klassische Büroumgebung geht. Eine der praktischen Herausforderungen nach der Corona-Pandemie ist es, Raum für die verstärkte Nutzung von Online-Meetings zu schaffen: 

„Wenn Sie ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern sind, gibt es nicht genügend Räume, in denen jeder alleine sitzen und Besprechungen via Teams abhalten kann“, so Eva Bjerrum.

Sie fügt hinzu, dass mehrere Unternehmen sich der Vorteile reiner Online-Meetings bewusst geworden sind. Im Gegensatz hierzu erleben viele, dass hybride Meetings, bei denen einige der Teilnehmer in einem Besprechungsraum versammelt sind, während andere über den Computer zugeschaltet werden, nicht optimal ist, da die digitalen Teilnehmer leicht abgehängt werden.

„Aus diesem Grund erleben wir zunehmend Besprechungen, bei denen alle über den Computer beteiligt sind, auch wenn ein Teil der Besprechungsteilnehmer tatsächlich persönlich in der Firma anwesend ist. Das stellt natürlich Anforderungen an die Einrichtung des Arbeitsplatzes“, erläutert sie und fügt hinzu, dass viele Unternehmen aus dem gleichen Grund feststellen, dass die klassischen großen Besprechungsräume mit Leinwand oder Projektor nicht länger genutzt werden.

Ein Büro aus Modulen

Martin Binder glaubt, dass die Lösung für die Herausforderungen, die eine verstärkte Nutzung von Online-Meetings und Homeoffice darstellen, in einer wesentlich flexibleren Büroausstattung liegt.

„Bürodesign wird zunehmend aus Modullösungen bestehen, sodass die Einrichtung an unterschiedliche Bedürfnisse angepasst werden kann. Zum Beispiel werden wir sehen, wie Loungebereiche in informelle Besprechungsbereiche für Mitarbeiter umgewandelt werden“, meint er und fährt fort:

„Flexibilität gilt auch in den Büroräumen selbst, wo wir in Zukunft die Größe der Räume an die Bedürfnisse anpassen werden. Hier werden unter anderem Raumteiler, Textilien oder Bepflanzungen zum Einsatz kommen, um bei Bedarf kleinere Besprechungsräume zu schaffen.“

Martin Binder war selbst an der Entwicklung flexibler und modularer Büromöbel in Form des TAKEOFF-Tischsystems für das Berliner Designstudio IONDESIGN beteiligt. Der Tisch ist ein modularer Besprechungstisch, der bei Bedarf erweitert werden kann und sich besonders gut für Büros eignet, in denen man kleinere Besprechungsräume mit Raumteilern einrichten möchte.

„Mit solchen Lösungen können sowohl intime als auch großzügig ausgelegte Besprechungsräume im selben Büro eingerichtet werden. Immer mehr Büros bewegen sich in Richtung einer multifunktionalen Innenausstattung der Räumlichkeiten, die weitaus flexibler ist als das traditionelle Modell, in dem man viel Platz für einen großen Besprechungsraum mit einem riesigen, schweren Besprechungstisch verschwendet“, sagt er.    

Gute Akustik und ein gesundes Innenraumklima

Martin Binder räumt ein, dass es zu Herausforderungen kommen kann, wenn man die Inneneinrichtung der Büroumgebung ständig verändert.

„Es kann sowohl in Bezug auf die Akustik als auch auf das Innenraumklima Probleme geben, wenn man diese Faktoren nicht ernst nimmt. Die Akustik ist für ein gutes Arbeitsumfeld von großer Bedeutung, und sie muss bei jeder Änderung der Innenausstattung unbedingt berücksichtigt werden“, meint Martin Binder.

„Die flexible Einrichtung hängt von der Akustik des Raumes ab. Es muss ausreichend schalldämmendes Material vorhanden sein. Das können Akustikdecken, Raumteiler mit schalldämmenden Eigenschaften oder Deckensegel aus Akustikplatten sein, die an der Decke hängen und flexibel eingesetzt werden können“, sagt er.

Was ist das Alexandra-Institut?

  • Das Alexandra-Institut befindet sich in Aarhus und ist sowohl ein Beratungsort als auch eine Forschungseinheit.
  • Die Stiftung unterstützt öffentliche und private Unternehmen mit fortschrittlichen, effizienten, sicheren und innovativen IT-Lösungen.
  • Das Institut wurde 1999 gegründet.

Über Martin Binder

  • Martin Binder ist ein unabhängiger Designer und Künstler mit Wohnsitz in Berlin.
  • Sein Hintergrund in den Bereichen Industriedesign, bildende Kunst, Innenarchitektur und Bildhauerei kommt seiner interdisziplinären Arbeit bei einer Vielzahl von privaten und öffentlichen Projekten zugute.
  • Binder ist Mitglied des Berliner Künstlervereins und der Datenbank für Kunst im öffentlichen Raum in Berlin. Als Experte ist er häufig an Art-in-Architecture-Wettbewerben beteiligt.
  • Zu Beginn der Covid-19-Pandemie erfand Binder das Spielplatzkonzept Rimbin, einen ansteckungsfreien, von der Natur inspirierten Raum zum Spielen. www.bindermartin.com

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Martin Binder - Credit Frank Schröder

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Eva Bjerrum, Organisationsanalytikerin am Alexandra Institute und Expertin für neue Arbeitsformen.