Mit Sicherheit: Schützengesellschaft macht sich fit für die Zukunft

Schützenvereine mit ihrer teilweise jahrhundertealten Tradition haben es in der heutigen Zeit nicht leicht, die Brauchtumspflege und den Schießsport zeitgemäß miteinander zu verbinden und gelten insbesondere bei vielen jungen Leuten als unmodern und unattraktiv.

Photo: Diplomingeniør Olaf Wiechers, arkitekt

So mancher Verein versucht deshalb vergeblich, Nachwuchs für den Schießsport zu begeistern. Doch auch immer mehr Vereine schaffen es inzwischen, mit neuen Ideen, kreativen Ansätzen und Mut ihr verstaubtes Image aufzupolieren und sich für die Zukunft gut aufzustellen.

Das beste Beispiel dafür ist die 1813 gegründete Schützengesellschaft (SG) Gersfeld im Kreis Fulda in Osthessen.

Westernstadt als Alleinstellungsmerkmal

Da ab Mitte der 1990er Jahre der Zulauf zum jährlich stattfindenden Schützenfest fehlte, mussten sich die Vereinsmitglieder etwas einfallen lassen und hatten schließlich eine hervorragende Idee. Weil es ohnehin schon eine Vorderlader- und Westernschießabteilung und seit den 1980er Jahren bereits einige Westernbauten auf dem Gelände gab, wurde der Fokus auf Country- und Westernmusik sowie Lagerfeuerromantik, verbunden mit Westernschießen gelegt. Das klassische Fest mit großem Zelt und Autoscooter gehörte von da an der Vergangenheit an.

Weil das Westernthema so großen Anklang fand, entwickelte die SG Gersfeld die Idee stetig weiter und ist heute stolz auf ihre eigene Westernstadt mit Saloon, Cantina (Grill und Imbiss) und Cocktailbar. Großen Eindruck hinterlässt die SG auch mit einer original nachgebauten Böllerkanone.

Anfangs noch von so manchem Skeptiker belächelt, ist die Westernstadt heute das Alleinstellungsmerkmal des Vereins und lockt auch unabhängig vom Schützenfest zahlreiche Besucherinnen und Besucher an. Insbesondere der urige, komplett aus Holz gebaute und eingerichtete Saloon ist eine beliebte Location für Geburtstagsfeiern und wird auch gern von den Gästen des gegenüberliegenden Hotels genutzt.

Viel Platz für Training und Wettkämpfe

Doch die SG Gersfeld, der rund 160 Mitglieder zwischen 25 und 80 Jahren angehören, hat neben der Westernstadt noch einiges mehr zu bieten. Der Verein verfügt über acht Stände für Langwaffen (Gewehre) und ist zugelassen für alle Kaliber bis 7.000 Joule Energie, also für jegliche für die Jagd, für den Sport und für das Militär zugelassene Munition für Handfeuerwaffen. Außerdem gibt es mehr als 15 Stände für Kurzwaffen (Pistolen und Revolver), ebenfalls zugelassen für alle Kaliber bis 7.000 Joule Energie. Für das Schießen mit Druckluft- und CO² Waffen (Luftgewehre und Luftpistolen) steht ein weiterer Stand mit acht Bahnen zur Verfügung.

Bei der SG Gersfeld werden neben dem vereinsinternen Training auch Wettkämpfe wie Mannschaftswettbewerbe und Meisterschaften der verschiedenen Verbände ausgeschossen. Die SG Gersfeld selbst ist Mitglied im Deutschen Schützenbund, dem mit rund einer Million Mitgliedern größten Schießsportverband in Deutschland und beherbergt eine Gruppe des BDS (Bund Deutscher Sportschützen), die vorrangig das Schießen mit Großkaliberwaffen betreibt. Beide Verbände führen auf der modernen Schießanlage Wettkämpfe durch.

Seit Mitte der 1990er Jahre darf auf dem Schießstand der SG Gersfeld auch mit Großkalibergewehren, die beim Westernschießen zum Einsatz kommen, geschossen werden. Es handelt sich dabei um die eindrucksvollen Winchester-Waffen, die man aus den Western-Filmen kennt. Das Schießen mit diesen Waffen ist auch offizielle Disziplin im Deutschen Schützenbund und im Bund Deutscher Sportschützen. Die Schützinnen und Schützen der SG Gersfeld trainieren auch mit sogenannten Ordonnanzwaffen. Das sind historische Gewehre, die bis 1963 in den Armeen geführt wurden.

Moderne Schießanlage mit rückprallsicheren Decken- und Wandbekleidungen

Die Schießanlage, die nach den Vorschriften für Schießstände gemäß der Schießstandrichtlinien des Bundesinnenministeriums von 2012 konzipiert wurde, ist nach einer umfassenden Sanierung technisch auf dem neuesten Stand und verfügt unter anderem auch über eine Photovoltaikanlage auf dem neuen, rund 1.500 Quadratmeter großen Dach.

Die gesamten Umbauarbeiten, die eine neue Lüftungsanlage, Wand/Deckenplatten, Pflasterarbeiten, den Bau neuer Kugelfänge (ins. 36 Tonnen Stahl Hardox 500), die Montage der Zuganlagen, Bodenbelagsarbeiten, Holzarbeiten, Einbau von Türen, Putz- und Malerarbeiten und Elektroarbeiten umfassten, erstreckten sich über mehrere Jahre und wurden größtenteils von Vereinsmitgliedern in rund 5.000 Stunden Eigenleistung erbracht.

Im Langwaffenstand wurden im Zuge der Sanierungsarbeiten die Zuganlagen für die Schießscheiben an die Decke gelegt. Gleichzeitig wurden zehn Drehanlagen für Kurzwaffen mit eingebaut, sodass der Stand nun für Lang- und Kurzwaffenschießen genutzt werden kann.

Von immenser Wichtigkeit sind die rückprallsicheren Platten, mit denen Böden, Wände und Decken auf dem Schießstand verkleidet sind. Verwendet wurden dafür unter anderem Troldtekt-Akustikplatten. Sie dämmen nicht nur optimal den Schall und halten die Wärme in den Anlagen, sondern reflektieren zudem auch gleichmäßig gut das Licht und bremsen Geschosse, damit diese nicht zur Gefahr für die Schützinnen und Schützen werden.

Ein weiterer Vorteil der Platten ist auch, dass sie einfach zu montieren und bei Beschädigung durch Einschüsse leicht auszuwechseln sind. Last but not least erfüllen sie höchste Brandschutzanforderungen und bestehen aus zertifiziertem Holz, einem reinen Naturmaterial, und aus Zement, der aus dänischen Rohstoffquellen stammt. Im Januar 2021 wurde die Standanlage durch den Schießstandsachverständigen und das Landratsamt Fulda als Zulassungsbehörde abgenommen.

Sicherer Kugelfang erfüllt höchste Ansprüche

Der in die Jahre gekommene Sandkugelfang wurde auf allen Ständen entfernt und durch einen Stahllamellenkugelfang ersetzt. Dass die Kugeln aufgefangen werden und sichergestellt ist, dass niemand durch abprallende Kugeln verletzt wird, ist von essenzieller Bedeutung auf dem Schießstand.

Das sichere Auffangen gelingt zwar gut mit Sand, doch der dabei entstehende Staub ist schädlich für die Lunge. Daher hat sich die SG Gersfeld bei der Sanierung für einen Kugelfang mit Stahllamellen entschieden. Um den freigesetzten Bleistaub zu halten, der beim Zerplatzen von Bleigeschossen entsteht, hängen vor den Lamellen noch sechs Millimeter starke Kautschukmatten. Bei den Kautschukmatten schließt sich das Einschussloch wieder, sodass kein Bleistaub austreten kann. Die Bleireste, die unter Einhaltung hoher Schutzmaßnahmen entfernt werden müssen, können anschließend als Rohstoff verkauft werden. Ebenso wie die Patronenhülsen, die meistens aus Messing gefertigt sind.