Ein Meilenstein: Der dänische Materialpass bündelt alle Produktdaten an einem Ort

Schaffung von Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Zugriff auf die spezifischen Daten eines Baumaterials. Das ist der Zweck des neuen Materialpasses, der von einer breiten Branchenkooperation in Dänemark getragen wird. Die Initiative soll den Weg für ein kreislaufwirtschaftliches Bauen ebnen. Lesen Sie das Interview mit zwei Personen, die entscheidend zur Entwicklung des Materialpasses beigetragen haben.

Photo: Maria Sattrup

Nur wenige würden Lebensmittel oder Pflegeprodukte kaufen, die nicht deklariert sind. Aber das Gegenteil ist der Fall bei vielen der Materialien, die in Gebäuden verwendet werden, in denen wir uns die meiste Zeit aufhalten.

Der Materialpass zeigt digitale Daten über den Inhalt von Baumaterialien an. So können Berater die richtigen Materialien auswählen, damit zum Beispiel keine unerwünschten Chemikalien für das Gebäude ausgewählt werden. Anna-Mette Monnelly ist Sustainability Director bei NREP. Sie hat eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Materialpasses gespielt.

– Der Materialpass ist für die Einhaltung der EU-Taxonomie unerlässlich, da er für Dokumentation, Transparenz und Rückverfolgbarkeit sorgt. Das Erfolgskriterium ist, dass es zu einem Standardverfahren wird, den Materialpass zu verwenden, um Wissen über ein bestimmtes Produkt zu erlangen, und dass er genutzt wird, um einen Unterschied zu der Art und Weise zu schaffen, wie wir heute Materialien verwenden, sagt sie und fährt fort:

– In den letzten Jahren ist der CO2-Fußabdruck stärker in den Fokus gerückt, was schön ist, aber Nachhaltigkeit umfasst viel mehr als das. Ein Material mit geringen CO2-Emissionen kann andere unerwünschte Auswirkungen haben. Deshalb müssen wir die gesamte Wertschöpfungskette kennen und verstehen. Gesunde Produkte in die Kreislaufwirtschaft zu bringen, kann einen echten Wandel bewirken, aber die Herausforderung besteht zunächst darin, erst einmal die Daten zu erhalten. Erst dann können wir die Praxis ändern.

Zusammen mit einer Lebenszyklusanalyse für ein Gebäude (Building LCA) ist die Hoffnung, dass der Materialpass die Branche in die Lage versetzt, eine echte Klimabilanz für ein Projekt zu erstellen.

Eine breite Branchenkooperation

Der neue Materialpass wurde Mitte Januar 2023 auf dem Circular Build Forum eingeführt, und obwohl noch Anpassungen vorgenommen werden müssen, ist das Portal – das übrigens kostenlos zu nutzen ist – jetzt für die Öffentlichkeit zugänglich.

Die Entwicklung des Materialpasses entstand im Zusammenhang mit der Sustainable Build 2015, bei der die gesamte Branche zusammenkam.

– Wir haben die Stakeholder zusammengebracht, die mit einem Materialpass weiterarbeiten wollten. Auch Troldtekt, dass bei der Dokumentation eine Vorreiterrolle spielt, war von Anfang an dabei. Obwohl es so viele Beteiligte gibt, war es eine sehr gute Zusammenarbeit mit kompetenten, arbeitsfreudigen und zuversichtlichen Menschen in allen Bereichen, so Anna-Mette Monnelly.

Troldtekt war Teil der Arbeitsgruppe, die den Materialpass entwickelte, und hat so zum Prozess beigetragen und die Software getestet. Die folgenden anderen Unternehmen und Branchenverbände sind am Projekt beteiligt: Bygherreforeningen, Danske Byggecentre, Henning Larsen, Lendager Group, Molio, NCC, NREP und SundaHus.

Grundejernes Investeringsfond, Boligfonden Kuben und Danske Byggecentre haben das Projekt seit 2019 finanziell unterstützt.

Gebäude sollten als Materialbanken betrachtet werden

Jan Boström, Head of Sustainability Business Development bei der schwedischen SundaHus/iBinder Group, hat ebenfalls eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Materialpasses gespielt. Er berichtet von großem Interesse verschiedener Akteure am Bau. Darunter auch von Lieferanten von Baustoffen, die sich wie Troldtekt dafür entschieden haben, einen Materialpass für ihre Produkte zu erstellen.

– Die Baubranche ist für einen großen Teil des Ressourcenverbrauchs und der Treibhausgasemissionen der Gesellschaft verantwortlich. Um dies wirklich zu ändern, müssen wir beginnen, Gebäude nicht nur als größere oder kleinere Ressourcenverbraucher zu betrachten, sondern als Materialbanken, in denen Baumaterialien für eine gewisse Zeit verwendet werden, um sie dann an anderer Stelle zum gleichen Wert wiederzuverwenden, sagt Jan Boström und fügt hinzu:

– Eine der Voraussetzungen dafür ist der Zugang zu relevanten Daten über Baustoffe – sowohl jetzt als auch dann, wenn es an der Zeit ist, sie zu recyceln. Diese Herausforderung löst der Materialpass und meine Hoffnung ist, dass es die gesamte Branche einem Schritt näher bringen wird, wirklich nachhaltig zu werden.

Daten sollen den Weg ebnen

Auch wenn er anderen Standards ähnelt, enthält der Materialpass Daten, die nicht in EPDs, Sicherheitsdatenblättern, Leistungserklärungen oder der CE-Kennzeichnung zu finden sind. Jan Boström erklärt, dass die wichtigste Stärke des Materialpasses seine umfassende Datenbasis ist.

– Der Materialpass enthält die notwendigen Daten dafür, dass wir die richtigen Produkte aus der Kreislaufperspektive auswählen können. Diese Daten sind auch notwendig, um eine sichere und effiziente Nutzung und Wiederherstellung in der Zukunft zu gewährleisten, sagt er und fährt fort:

– Produktdaten werden in einem standardisierten, strukturierten Format (XML-basiert) gespeichert, so dass sie von allen Systemen, die das Format unterstützen, sicher und effizient verstanden werden. Um die Verbreitung zu erleichtern, ist das Format offen und kostenlos für alle, die es in ihrer Software implementieren.

Fakten über den Materialpass

  • Bygherreforeningen, Danske Byggecentre, Henning Larsen, Lendager Group, Molio, NCC, NREP, SundaHus og Troldtekt haben den dänischen Materialpass gemeinsam entwickelt.
  • Grundejernes Investeringsfond, Boligfonden Kuben und Danske Byggecentre haben das Projekt seit 2019 finanziell unterstützt.
  • Der Materialpass ist Open Source und kostenlos zu nutzen. Das Unternehmen, das einen Materialpass für sein Produkt erstellt, ist für den Inhalt verantwortlich.
  • Besuchen Sie die Materialpass-Website (auf Dänisch und Englisch) unter: Material pass and its value  (Materialpass und sein Wert) – Materialpass