Haptische Materialien bilden einen Kontrast zu klinisch weißen Laboren in Gebäude 112 der DTU

Das neue Laborgebäude B112 von DTU Sustain bietet viel Licht, Luft und Haptik. Laut den Architekten Louise Gerner Rasmussen und Tobias Wittenburg von Christensen & Co. war Nachhaltigkeit ein wichtiger Parameter bei der Auswahl der Materialien und der Konstruktion.

Bei DTU Sustain experimentieren Forschende und Studierende des Forschungsbereichs Ressource Recovery mit neuen Methoden für das Recycling von Ressourcen. In modernen Laboren verarbeiten Bakterien und Enzyme alles von Düngemitteln und Abwässern bis hin zu Bauabfällen, sodass die Materialien abgebaut und in einen zirkulären Ressourcenkreislauf zurückgeführt werden können.

Diese Art der Forschung erfordert natürlich Umgebungen, die der wichtigen Rolle des ökologischen Wandels entsprechen und diese ergänzen können. Die Ambitionen im Bereich Nachhaltigkeit waren daher auch hoch gesetzt, als die DTU den Auftrag für den Bau eines neuen Gebäudes für das DTU-Institut für Umwelt am Campus Lyngby ausschrieb.

„Das Gebäude B112 ist ein Leuchtturmprojekt für die hohen Nachhaltigkeitsambitionen der DTU und ist unter anderem für DGNB Gold vorzertifiziert. Um fundiertere Entscheidungen zu treffen, haben wir mehrere Lebenszyklusanalysen (LCA) durchgeführt und uns verstärkt auf einen niedrigen Energieverbrauch und ein gesundes Innenraumklima konzentriert“, sagt Projektleiter Tobias Wittenburg von Christensen & Co.

Zusammen mit seiner Kollegin Louise Gerner Rasmussen und dem Rest des Projektteams hat er das neue Laborgebäude entworfen.

Das Ergebnis ist ein flexibles und hochfunktionales Gebäude mit einem offenen Ausdruck, in dem große Fensterpartien mit Holzrahmen viel Stofflichkeit vermitteln und Tageslicht einlassen sowie einen einladenden Einblick in die bahnbrechende Forschung bieten. Die hohe Qualität des Gebäudes, dessen voller Name DTU Ressource Recovery Research Platform, Bygning 112 (Gebäude 112), lautet, hat ihm bereits einen Platz unter den Finalisten zum Gebäude des Jahres bei den Building Awards 2023 gesichert. Der Preis wird im November 2023 verliehen werden.

Photo: Tobias Wittenburg

Nachhaltigkeit im großen Maßstab

Die DTU hat B112 nach einem Kooperationsmodell ausgeschrieben, bei dem ein relativ begrenzt definierter Auftrag vorgegeben wurde. Stattdessen lag es an der Baugruppe, die neben Christensen & Co. aus Langvad Arkitekter, Norconsult, Elindco und den Nutzern der DTU bestand, das Bauprogramm gemeinsam zusammenzustellen. 

„Es ist eine Erfolgsgeschichte, dass die gesamte Projektgruppe eng zusammengearbeitet hat, um das umfassende Nachhaltigkeitsziel zu erreichen. Das Nachhaltigkeitskonzept ist in sehr vielen verschiedenen Bereichen integriert, wobei die DGNB-Zertifizierung nur eine der Messlatten darstellt“, sagt Louise Gerner Rasmussen und erläutert Folgendes:

„Zu Beginn des Prozesses haben wir uns vor allem bei der Auswahl der Materialien und Konstruktionsmittel an den Überlegungen zur Nachhaltigkeit orientiert. Unter anderem durch die Schaffung einer inspirierenden Umgebung mit Holzleisten, Akustikdecken, grünen Dächern und anderen innovativen Materialien, an die wir uns alle gewöhnen werden. Wir haben uns auch in allen Teilen des Gebäudes stark auf Design for Disassembly  konzentriert.“

Diese Art von Kooperationsprojekten gewinnt im Bauwesen immer mehr an Bedeutung, und laut Tobias Wittenburg bringt die Methode eine Reihe von Vorteilen mit sich: 

„Wenn ein Team während des gesamten Projekts bestehen bleibt, ist es einfacher, Wissensverluste zu verhindern und die Wirtschaftlichkeit aufrechtzuerhalten sowie Zu- und Abwahlen umzusetzen. Die wichtigste Erkenntnis war, dass die verschiedenen Parteien in unterschiedlichen Phasen stark sind. Der Bauunternehmer konzentriert sich vorrangig auf die praktischen Details, während wir Architekten eher darauf ausgerichtet sind, in einer frühen Phase einen luftigen Skizzenplan zu erdenken. Es macht also keinen Sinn, dass alle in allen Phasen gleich stark beteiligt sind, aber insgesamt war es eine geglückte Partnerschaft.“

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Photo: Louise Gerner Rasmussen

Flexible Fassade verlängert die Lebensdauer

Die Flexibilität war einer der DGNB-Parameter, die besonders im Fokus standen. Die Projektgruppe traf mehrere wesentliche Entscheidungen, die es später erleichtern werden, das Gebäude für neue Zwecke umzugestalten und dadurch seine Lebensdauer zu verlängern. Unter anderem, indem sichergestellt wurde, dass die Platzierung der Fenster des Gebäudes die Nutzung der Innenflächen nicht einschränkt.

„Wir haben uns für ein Fassadenkit entschieden, das es ermöglicht, die Position der Fenster nach Bedarf zu ändern. Es ist ein neuer Gedanke, die Flexibilitätsidee auf die Fassade zu übertragen, damit diese genauso verändert werden kann wie die Innenbereiche. Im Inneren des Gebäudes befinden sich Glaswände zwischen den Räumen, womit zum einen das Tageslicht optimal ausgenutzt wird und zum anderen den Nutzern eine angenehme und inspirierende Umgebung zum Arbeiten geboten wird“,, erklärt Louise Gerner Rasmussen.

Die Projektgruppe hat auch große Anstrengungen unternommen, um den ökologischen Fußabdruck der tragenden Konstruktion des Gebäudes zu minimieren.

„Die klassische Laborkonstruktion beinhaltet eine Rückwand aus schwerem Beton, die dem Gebäude einen stabilen Kern verleiht. Um den Einsatz von Beton zu minimieren, haben wir uns stattdessen für eine Konstruktion aus Säulen und Balken entschieden, bei der der Hohlraum zwischen den tragenden Elementen mit leichteren und weniger klimabelastenden Materialien, z. B. Holzskelettwänden, gefüllt wird“, sagt Louise Gerner Rasmussen.

Stofflichkeit schafft Kontraste

Der Aufbau und die Einrichtung der Labore waren natürlich ein Punkt, der den Nutzern des Gebäudes besonders wichtig war. Auch hier wurde großer Wert auf Flexibilität gelegt, damit die Labore angepasst werden können, wenn neue wissenschaftliche Methoden dies erfordern. Im Gegenzug bestanden die Architekten von Christensen & Co. darauf, dass nicht alles ausschließlich um Versuche und Laborarbeiten handeln sollte. 

„Wir haben die Nutzer aktiv in Richtung mehrerer Gemeinschaftsräume und Breakout-Bereiche geleitet, damit sie die Möglichkeit haben, den Gemeinschaftssinn zu kultivieren und Wissen auszutauschen. In den Gemeinschaftsbereichen haben wir großen Wert darauf gelegt, Materialien mit guten stofflichen Eigenschaften zu verwenden, wie zum Beispiel die Troldtekt-Akustikdecken.

Aus praktischen Gründen sind die Labore weiß gestrichen, damit sie leichter sauber zu halten sind. Man sieht jedoch einen Kontrast zum klinischen Umfeld, wenn man aus den Laboren in die Gemeinschaftsräume kommt“, sagt Tobias Wittenburg abschließend.