Deshalb steigt der Bedarf an Wohnraum für ältere Menschen

In den kommenden Jahren wird es deutlich mehr ältere Menschen in Deutschland geben. Doch der Wohnungsmarkt ist schlecht gerüstet, um die Bedürfnisse älterer Menschen zu befriedigen. Tauchen Sie ein in die Fakten und erfahren Sie mehr über eine dänische Studie, in der die Wünsche älterer Menschenin Bezug auf das Wohnen untersucht wurden.  

In Deutschland wird es in absehbarer Zeit einen Mangel an Seniorenwohnungen geben. Das war das Fazit der Studie „Wohnen im Alter“, die im April von der Pestel Institut GmbH und dem Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) e.V. veröffentlichte wurde.

Aus der Studie geht hervor, dass in 20 Jahren 21 Millionen Menschen in Deutschland 67 Jahre oder älter sein werden. Heute sind es rund 3,6 Millionen.

Das wird den Wohnungsmarkt unter Druck setzen, da weitaus mehr Wohnungen benötigt werden, die zum Beispiel ohne Treppen auskommen und die Platz für Rollatoren oder Rollstühle bieten. Sprich Wohnungen, die es ermöglichen, dass die älteren Menschen in ihrem eigenen Zuhause wohnen bleiben können, anstatt in ein Pflegeheim umziehen zu müssen.

 

Foto: Seniorenwohnungen in Sønderborg, Dänemark

Wenn Garten, viele Zimmer und Instandhaltung zur Last werden

Die demografischen Veränderungen und die steigende Zahl älterer Menschen sind ein Bild, das sich über die Ländergrenzen hinweg abzeichnet. Auch Dänemark steht ein Boom bei der erwarteten Zahl der älteren Menschen bevor. In dem Bericht „Ældres boligsituation og fremtidige boligønsker“ (Wohnsituation älterer Menschen und zukünftige Wohnwünsche) aus dem Jahr 2019 weist das Nationale Forschungs- und Analysezentrum für Wohlfahrt VIVE darauf hin, dass die Mehrheit der Befragten über 52 Jahre es vorzieht, in ihrem derzeitigen Zuhause zu bleiben. Derselbe Bericht zeigt aber auch, dass sich diese Haltung langsam verändert und dass die neuen Generationen älterer Menschen zunehmend erwägen, noch einmal umzuziehen.

Diese Tendenz sieht auch Joseph Alberti vom großen dänischen Maklerunternehmen EDC Erhverv Poul Erik Bech.

„Das wachsende Interesse an Seniorenwohnungen ist im Wesentlichen auf die Tatsache zurückzuführen, dass viele Senioren erwägen, aus den Häusern und Wohnungen auszuziehen, die einst den Rahmen für das Familienleben und die Kinder bildeten. Sie wünschen sich weniger Verpflichtungen und weniger Arbeit im Garten und bei der Instandhaltung. Manche wollen weniger Wohnfläche, weil die Kinder das Haus verlassen haben“, sagt Alberti.

Dieser Punkt wird durch den VIVE-Bericht gestützt, in dem die Hälfte der Befragten, die einen Umzug in Betracht ziehen, den Wunsch nach einer kleineren Wohnung als Motiv nannten. Es folgen „Gartenarbeit loswerden“ (22 Prozent), „näher am Zentrum wohnen" (12 Prozent) und „billiger leben“ (11 Prozent).

Wohlhabende Senioren mit Handlungsspielraum

Viele ältere Menschen, die über Wohneigentum verfügen, haben in der Regel gute Möglichkeiten, ihre Wünsche nach einem neuen Zuhause zu verwirklichen.

„Ein großer Teil der heutigen und vor allem der zukünftigen Senioren verfügt über Geld. Einerseits ist das Rentensystem in Dänemark recht gut entwickelt, andererseits konnten viele im Laufe der Jahre große Wertsteigerungen bei ihrem Wohneigentum verzeichnen – nicht zuletzt im Großraum Kopenhagen, im angrenzenden Nord-Seeland, im Raum Aarhus und am Rand der größeren Städte. Einige möchten den Wert ihrer Immobilien umsetzen und zum Beispiel mehr reisen. Deshalb suchen sie nach einer anderen Art von Wohnraum – etwa einer Mietwohnung, einer Genossenschaft oder ähnlichem“, sagt Joseph Alberti über die Situation in Dänemark.

Allerdings haben nicht alle älteren Menschen die gleichen Chancen auf die Nutzung von Immobilienkapital für einen Umzug. Der VIVE-Bericht weist insbesondere auf die Gruppe hin, die zur Miete wohnt. Diese Gruppe älterer Menschen, die eine ebenso hohe Lebenserwartung hat, hat hohe Wohnkosten und keine Aussicht darauf, dass diese im Laufe der Jahre abnehmen werden.

Das Gleiche gilt für die neue deutsche Studie vom Pestel Institut. Bei der Präsentation der Studie im April 2023 wies der Leiter des Instituts, Matthias Günther, auf die Notwendigkeit eines Förderprogramms zur Sicherstellung der Versorgung älterer Menschen mit Wohnraum hin. Die Logik des Konzepts beinhaltet auch, dass Pflegeheimplätze für den Staat teuer sind, der deshalb ein deutliches Interesse daran haben sollte, dass die Senioren so lange wie möglich in ihrem eigenen Zuhause leben können. 

Gemeinschaft und Freiheit sind attraktive Faktoren

Die Wünsche bezüglich der Wohnungen variieren zwischen den Altersgruppen bei den Senioren, wie die Erfahrungen aus Dänemark zeigen. Von den 52- bis 62-Jährigen gibt jede dritte Person im VIVE-Bericht an, dass sie gerne in einer Wohnung leben würde, die Teil einer Wohngenossenschaft für Senioren mit Gemeinschaftseinrichtungen ist. Dieser Anteil ist doppelt so hoch wie bei den 82- bis 97-Jährigen.

„Solche Gemeinschaften im Seniorenwohnungsbau können dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern, indem sie zum Beispiel die Sicherheit erhöhen und die Einsamkeit verhindern, von der ältere Menschen, nicht zuletzt Alleinstehende, sonst häufig betroffen sind“, meint Joseph Alberti von EDC.

Er verweist auf eine Studie des dänischen Fonds Realdania, die zeigt, dass 91 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner in Seniorenwohnprojekten eine verbesserte Lebensqualität und zu 75 Prozent bessere soziale Beziehungen erleben.

Die Analyse zeigt auch, dass ältere Menschen in Seniorenwohnprojekten nur ein Siebtel der durchschnittlichen öffentlichen Ausgaben für praktische Hilfe auf sich ziehen.

„Dies kann als Folge davon interpretiert werden, dass ältere Menschen sich gegenseitig bei der täglichen Arbeit helfen können und weniger öffentliche Pflegeleistungen benötigen“, sagt Alberti, der betont, dass die Nachfrage nach Seniorenwohnprojekten das Angebot bei weitem übersteigt.

Mehr über die Zukunft des Seniorenwohnens erfahren Sie in diesem Artikel.

Lesen Sie auch die Studie „Wohnen im Alter“ von der Pestel Institut GmbH und dem Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) e.V.